Zwei Häuser, ein Zusammenspiel
Haus B + F, WIFAG-Areal Bern
Die Projektvorschläge «TANDEM» zeigen unterschiedliche Ausdrucksformen der Architektur und leisten damit einen Beitrag für eine sichtbar heterogene und gleichzeitig geordnete Struktur der gesamten Überbauung. Beide Gebäude sind jeweils aus ihrer spezifischen Situation heraus entwickelt und unterscheiden sich sowohl im architektonischen Ausdruck als auch in ihrer Typologie. Während im Baufeld B eine präzise Ordnung der Fassaden mit einer Strenge im Grundriss korrespondiert, überträgt sich die Stimmung einer collagierten Fassade in eine situative Unordnung im Grundriss des Baufeldes F.
Haus B – Mietwohnungen
Das Gebäude mit 34 Mietwohnungen zeigt eine subtile Fassadengliederung in Sockel, Hauptkörper und Dachabschluss. Der plastisch ausgeformte Sockel mit doppelgeschossigen Stützen und Gesims reagiert überzeugend auf die öffentliche Lage und verleiht dem Haus urbane Präsenz. Die Gewerbeflächen im Erdgeschoss stehen in gelungener Beziehung zur angrenzenden Freifläche.
Gestalterisch erinnert die Stirnfassade an die Schweizer Architektur der 1950er-Jahre, eine Referenz, die allerdings etwas plakativ wirkt. Die weit auskragenden Balkone konkurrieren mit der sonst feingliedrigen Gestaltung. Die Wohnungsgrundrisse bieten Grosszügigkeit und Licht dank Hallentypologie und zweiseitiger Belichtung.
Haus F – Eigentumswohnungen
Das Gebäude mit 29 Eigentumswohnungen ist vielschichtig komponiert und kombiniert flächige mit linearen Elementen. Maisonettewohnungen im Erdgeschoss reagieren auf die Öffentlichkeit, angehobene Vorgärten und eine Hoframpe thematisieren die industrielle Vergangenheit. Die Aufenthaltsqualität dieser Freiflächen ist jedoch eingeschränkt. Der Gemeinschaftsraum überzeugt durch räumliche Staffelung und atmosphärische Dichte.
Die klar ausgearbeitete Dreiteilung der Fassade mit geschossübergreifenden Lisenen verleiht dem Gebäude Plastizität, bleibt jedoch ortsunabhängig. Eine stärkere gestalterische Auseinandersetzung mit Kontext, Klima und Energiepotenzialen wäre wünschenswert gewesen.
Die variablen Wohnungsgrundrisse mit überkreuzten Maisonette- und Durchwohntypologien fördern spannende Raumbezüge.
Konstruktion
Beide Gebäude basieren auf einem Skelettbau mit Betonsockel und Holzkonstruktion in den Obergeschossen. Der Lastabtrag erfolgt über innenliegende Kerne. Im Baufeld B ermöglicht eine Abfangdecke im Erdgeschoss grössere Spannweiten und flexible Nutzungen. Im Baufeld F übernehmen Schrägstützen die Rücksprünge – ihre räumliche Integration bleibt jedoch eine gestalterische Herausforderung.
Nachhaltigkeit als Entwurfsprinzip
Beide Häuser basieren auf dem Prinzip der Systemtrennung: Konstruktion und Installation sind sauber voneinander getrennt, Materialien sortenrein rückbaubar, Technik wartungsfreundlich. Sichtbare Holzkonstruktionen, massive Sockel, ein durchdachtes Lüftungskonzept und die konsequente Nutzung von Sonnenenergie sorgen für niedrige Betriebs- und Unterhaltskosten.
Nicht zuletzt wird auch in der Umgebungsgestaltung auf Reuse gesetzt: Aussenbeläge aus dem Bestand, Backsteinschrot in der Dachbegrünung, Bauteile aus dem Rückbau für den Wiederaufbau andernorts. TANDEM zeigt, dass nachhaltige Architektur nicht Verzicht bedeutet, sondern eine Einladung ist – zum Mitmachen, Mitgestalten, Mitleben.
Brügger architekten AG, Thun mit
Indermühle Bauingenieure GmbH, Thun
Indievisual AG, Zürich